DER KONTEXT
Sichtbarkeit und ihre unsichtbaren Assoziationen
Seit es Social Media-Plattformen gibt, werden sie aktiv genutzt – von Unternehmen, Medien, privaten und öffentlichen Personen. Einerseits, um Kontakte zu knüpfen und den Dialog herzustellen. Andererseits, um das eigene Leistungsportfolio, Produkte oder sich selbst als Marke, Meinungsmacher*in, Experte oder Expertin sichtbar zu machen. “Personal Branding“ lautet das Stichwort.
Wir wollten es wissen: Ist Sichtbarkeit Karriere-Booster oder Karriere-Killer? Führt eine höhere Sichtbarkeit in Sozialen Medien und beruflichen Netzwerken unweigerlich zu besseren Karrierechancen – damit auch zu mehr beruflichen Erfolg?
Dazu hat GDW in Zusammenarbeit mit Dr. Tanja Reimer vom Dr. Werner Jackstädt-Zentrum (DWJZ) eine Umfrage konzipiert. Die Recherche bestand aus 25 Fragen – darunter Items, die über eine Skala (1 – 7) und über offene Fragestellungen beantwortet werden konnten.
Das Ziel der Umfrage war, festzustellen, welche Rolle Sichtbarkeit für die befragte Community spielt, wie sie das Thema Sichtbarkeit für sich individuell einschätzt, wie sie Sichtbarkeit bewertet – die eigene, die anderer und generell – und ob Sichtbarkeit einen positiven Effekt auf die Karriere hat.
DIE TEILNEHMER*INNEN
Im Zeitraum März bis Mai 2021 nahmen 618 Personen an der Online-Umfrage teil – davon 600 Frauen im Alter von 17 bis 69 Jahren. Das Durchschnittsalter liegt bei 39,5 Jahren (Median: 37,5 Jahre). Der Großteil der Befragten (93 %) lebt in Deutschland, weitere in der Schweiz und Österreich. 73 % der Teilnehmenden arbeiten als Angestellte in Unternehmen, 20 % arbeiten in Teilzeit. 9 % sind Gründer*innen, 6% angestellt in einer öffentlichen Institution, 3 % Freelancer.
Die Unternehmensgröße ist breit gefächert: Ein Viertel der Befragten arbeitet in Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeiter*innen. Ebenso viele Befragte arbeiten in kleinen Unternehmen (< 50 Mitarbeiter*innen). Die Branchen sind vielfältig: Schwerpunkte liegen bei IT-Dienstleistungen (13 %), Kommunikation/PR (13 %), Unternehmensberatung (11 %), Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (11 %).
Der Großteil der Respondent*innen ist für die Aufgabenfelder Projektmanagement (33%), Marketing (30 %) und Corporate Development (28 %) zuständig. 38 % tragen Führungsverantwortung.
70% der Teilnehmenden sind karriereorientiert und geben an, in ihrem Arbeitsleben noch sehr viel erreichen zu wollen (Werte 6 und 7 auf einer Skala von 1 bis 7). Vollzeit-Arbeitende zeigen sich dabei signifikant karriereorientierter als Teilzeit-Arbeitende. Teilnehmer*innen <37,5 Jahre wirken in unserem Sample signifikant ambitionierter als die >37,5 Jahre.
Die Umfrage wurde via Newsletter und Social Media in der Community von GDW gestreut.
DIE PLATTFORMEN
Welche Kanäle und Plattformen sind – neben Firmennetzwerken, Konferenzen und Barcamps – beliebt, um persönliche Sichtbarkeit zu erreichen? Die Recherche zeigt: LinkedIn und Xing sind wichtige Medien der Vernetzung und Profilierung im Arbeitskontext. Insb. LinkedIn wächst schnell und weist rund 17 Mio. Nutzer*innen im deutschsprachigen Raum auf (Statista 2021a). In der GDW-Community ist LinkedIn am beliebtesten: 92 % der Befragten sind dort mit einem Profil vertreten, in etwa gleich verteilt über alle Altersgruppen hinweg. Xing wird von rund 58 % der Befragten genutzt, insb. von den Älteren. Vor allem Führungskräfte aus unserem Sample nutzen die beiden Karriereplattformen Xing und LinkedIn. Instagram ist ein weiteres beliebtes Medium, um sichtbar zu werden: Es wird von 72 % der Befragten genutzt, insb. von den Jüngeren. Hier dominieren die Community-Mitglieder aus den Bereichen E-Commerce und Kunst. Facebook nutzen ca. 55 % der Befragten (insb. die jüngeren) und 19 % sind bei Club House aktiv. 30 % der Befragten nutzen den Nachrichtendienst Twitter – überwiegend Ältere. TikTok wird von 0,5 % und damit äußerst selten genutzt.
DER FRAGENKATALOG
Welches Verhältnis haben die Befragten zum Thema Sichtbarkeit? Welche Bedeutung messen sie dem Thema Sichtbarkeit zu? Haben die Lockdowns den Umgang mit der eigenen Sichtbarkeit verändert?
Wie leicht oder schwer fällt es den Teilnehmer*innen, sichtbar zu sein oder zu werden? Flankiert Sichtbarkeit paritätische Bestrebungen? Sind männliche Kollegen grundsätzlich sichtbarer? Macht sie die Diskrepanzen zwischen Ist-Zustand und Wunsch-Vorstellungen klarer?
Zwischen Selbstinszenierung und wahrem Impact: Ist Personal Branding über Social Media ein Muss? Welche Assoziation verbindet die Community mit der Sichtbarkeit einzelner? Und wie steht es um diejenigen, die gar keine Bestrebungen nach mehr Sichtbarkeit haben?
Zahlt Personal Branding in eine verbesserte Selbstwahrnehmung ein? Macht es Mut zu Karrieresprüngen? Warum und für wen lohnt es sich, sichtbarer zu werden? Und allen Fragen voran: Führt gesteigerte Sichtbarkeit zu besseren Karrierechancen und damit auch unweigerlich zu beruflichem Erfolg?
Diese Aspekte beleuchtet GDW in der Studie „Sichtbar mehr Erfolg?“
Die Insights
IST-AUFNAHME ZUR PERSÖNLICHEN SICHTBARKEIT
Für die große Mehrheit der Teilnehmenden (88 %) stellt Sichtbarkeit ein relevantes Thema in der Arbeitswelt und für bessere Karrierechancen dar. Karriereambitionierte Teilnehmer*innen bewerten diesen Aspekt als besonders signifikant.
71 % der Befragten sind der Meinung, dass Sichtbarkeit durch die Corona-bedingten Veränderungen in der Arbeitswelt – Stichwort “Remote Work” – noch bedeutsamer geworden ist. Ein Drittel der Befragten gibt an, dass es Remote Work es ihnen erschwert hätte, sichtbar zu sein. Diese Meinung vertreten insbesondere die jüngeren Teilnehmenden.
70% unserer Teilnehmer*innen geben an, sehr gern sichtbarer zu werden. Hieran arbeiten nur knapp die Hälfte der Respondent*innen aktiv – allen voran erneut die sehr karriereorientierten Community-Mitglieder. Dabei fällt es nur 17 % der Befragten leicht, die eigene Sichtbarkeit zu stärken.
Besonders schwer fällt es den Teilzeitangestellten: Mehr als die Hälfte der Community-Mitglieder wünscht sich eine unterstützende Beratung, um die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen. Dies betrifft insbesondere diejenigen, die sich selbst als “introvertiert” beschreiben und davor zurückscheuen, sich und ihre Leistungen öffentlich zu präsentieren.
Für gut die Hälfte der Teilnehmenden sind Communities wie GDW sehr hilfreich, um die eigene Sichtbarkeit zu stärken.
„Ich bin aus dem Orient und es ist herausfordernd, sich als Muslime, als Farbige, als Kind aus einer Arbeiterfamilie zu behaupten. Ich freue mich, dass wir Frauen diese Welt verändern. Es ist Platz für alle, um sichtbar zu sein.“
Communities werden insbesondere von älteren Mitarbeiter*innen und solchen aus kleineren Unternehmen geschätzt. 60 % sehen in Formaten wie dem Digital Female Leader Award, sehr großes Potenzial, um die eigene Sichtbarkeit zu stärken.
Viele finden, für sich sei noch Luft nach oben: Ganze 70 % möchten sehr gerne sichtbarer werden. Insbesondere Menschen mit stark ausgeprägten Karriereambitionen. Ein Drittel der Befragten, vorrangig aus großen Unternehmen, hat das Gefühl, dass die Sichtbarkeit von Männern im Arbeitsumfeld viel mehr gefördert und stärker honoriert wird, als die von Frauen.
„Sichtbarkeit bringt Angreifbarkeit, aber auch Unabhängigkeit. Wer die eigene Haltung kommuniziert, schafft sich Position und Stärke.“ – TIJEN ONARAN
„Aktuell arbeite ich in einem stark männerdominierten Unternehmen, in dem man als Frau gern eher belächelt wird. Ich habe das Gefühl, dass auf Frauen eine stärkere Beweislast ihrer Kompetenz und Arbeitskraft ruht, als auf männlichen Kollegen.“
Viele Community-Mitglieder berichten in der Umfrage von einem Schlüsselerlebnis mit einem männlichen Kollegen, der an einem Punkt die Chance, sichtbar zu werden, besser genutzt hat und dadurch Vorteile für sich gewinnen konnte. Solche Erlebnisse triggern bei vielen Teilnehmenden den Ansporn, selbstbewusster und sichtbarer aufzutreten.
„Ich glaube, es scheitert oft am Selbstbewusstsein. Mein Kollege und ich machen nahezu den gleichen Job. Er ist sichtbarer, weil er sich zum einen traut, meine Ideen vorzuschlagen und zum anderen, weil ich selbst manchmal nicht genug äußere, was ich will.“
14 % der Befragten sind davon überzeugt, dass ihr Arbeitgeber dagegen ist, wenn sie als Angestellte sichtbar sind oder sichtbar gemacht werden.
„Einige Arbeitgeber sind irritiert, wenn ihre Mitarbeiter in beruflichen Netzwerken aktiv sind und ihre Stellung zu bestimmten Themen öffentlich machen.“
Sichtbarkeit als Karriere-Booster
Sichtbarkeit = Karriere-Boost oder Karriere-Killer? 57 % der Befragten sind der Meinung, dass Menschen, die nicht in ihre Sichtbarkeit investieren, keine Karrierefortschritte machen (Werte 6 und 7 auf einer Skala von 1-7). Diese Sichtweise vertreten insbesondere Karriere-ambitionierte Teilnehmende und Angestellte in großen Unternehmen.
„Ich habe das Gefühl, dass viele das Thema nicht so ernst nehmen. Man kann mit Sichtbarkeit Dinge erreichen, die man über den normalen persönlichen Kanal nicht hinbekommt (siehe GDW) und das sollte man nutzen.“
Bei einem Drittel der Befragten bietet der Arbeitgeber digitale oder physische Plattformen (Netzwerke, Veranstaltungen etc.), auf denen Mitarbeiter*innen sichtbarer werden können. Dies trifft insbesondere auf große Unternehmen zu.
„Die Art der Sichtbarkeit muss zu mir und meinen Themen passen […]. Das Gefühl, nur mit Erfolgen und guter Laune sichtbar werden zu müssen, übt erheblichen Druck aus, wenn der Arbeitstag eh schon voll ist und die Familie mich in Anspruch nimmt.“
39 % (vorrangig karriereambitioniert) haben das Gefühl, dass sie mit ihren Leistungsbeiträgen für ihre Vorgesetzten oder Kund*innen gut sichtbar sind. Ein Viertel der Teilnehmenden glaubt, dass ihre Kolleg*innen sichtbarer sind als sie selbst. Dies trifft besonders auf Teilzeitangestellte und solche mit weniger Karriereambition zu.
Für 41 % der Befragten – insbesondere Jüngere – erzeugt der Anspruch, sichtbar zu sein, großen zusätzlichen Druck.
„Sichtbarkeit scheint mir ein immer wichtigerer Teil des Berufslebens zu sein. Mir fällt es jedoch schwer, mich als Expertin zu präsentieren und auch selbst zu bewerben. Personal Branding wäre sicher eine Möglichkeit, um weitere Karriereschritte zu ermöglichen oder zu beschleunigen.“
Digitale Sichtbarkeit
Für 28% der Befragten spielt Sichtbarkeit in den sozialen Medien eine besonders wichtige Rolle für die Karriere. Diese Sicht teilen insbesondere karriereambitionierte, ältere Teilnehmende und solche, die in kleineren Unternehmen arbeiten. Für wesentlich mehr Teilnehmende (51%) spielt die physische Präsenz / Sichtbarkeit eine besonders wichtige Rolle für die Karriere. Hierbei hat die Unternehmensgröße keinen signifikanten Einfluss auf die Einschätzung der Teilnehmenden.
„Ich arbeite in einem großen Konzern und möchte mich hier weiterentwickeln. Daher finde ich es wichtiger, intern sichtbarer zu werden […]. Ich überzeuge mit meiner Leistung und werde so sichtbarer […]. Bei uns war es bisher so, dass jeder im Team mit seinen Themen eigenständig in Meetings oder Vorstandssitzungen geht und nicht unser Chef. Damit ist für das eigene Personal Branding (intern) viel mehr gewonnen als auf jedem anderen Weg.“
„Schlechte Sichtbarkeit inszeniert, gute Sichtbarkeit positioniert!“ – TIJEN ONARAN
Andere erleben durch die veränderten Rahmenbedingungen jedoch persönliche Vorteile:
„Als introvertierter Typ fällt es mir schwer, auf Veranstaltungen (intern und extern) sichtbar zu sein und ich habe hier immer wieder Rückschläge erlebt. Per Video in Meetings habe ich eine sehr gute Möglichkeit aufzutreten und dabei in meinem gewohnten Umfeld zu verbleiben und Sicherheit zu haben.“
Umgang mit Sichtbarkeit
44 % der Respondent*innen geben an, öffentlich nur die starke und leistungsfähige Seite von sich zu zeigen. Dies gilt insbesondere für sehr karriereambitionierte Community Mitglieder. Nur 9 % geben an, ein Vorhaben stark danach zu bewerten, ob es der eigenen Sichtbarkeit nützt. Insbesondere ältere und karriereambitionierte Community-Mitglieder richten sich danach. Ein Drittel aller Teilnehmenden ist der Meinung, dass hinter hoher öffentlicher Sichtbarkeit von Einzelpersonen meist wenig Substanz und dafür viel „heiße Luft“ stecke. Dies glauben insbesondere Angestellte aus großen Unternehmen.
„Obwohl ich einerseits die Sichtbarkeit […] für wichtig halte und unterstütze, empfinde ich die heutzutage vielfältigeren Möglichkeiten sichtbar zu sein und die stärkere Verknüpfung vom Erfolg mit der Sichtbarkeit einer Person fast schon als einen Zwang […]. Mein Erleben ist, dass es häufig bestimmten Persönlichkeiten in die Karten spielt, z.B. Extrovertierten und solchen, die sich gerne darstellen etc. und diese ihren Fokus dann teilweise auf die Sichtbarkeit der eigenen Person selbst legen, statt auf ihre tatsächliche Leitung (ihr Tun). Sehr talentierte und leistungsstarke Menschen, die sich eher im Hintergrund halten, gehen im Vergleich unter bzw. wird ihr Erfolg weniger anerkannt. Erfolg und Karriere sind schließlich Definitionssache.“
39 % der Community Mitglieder, vorwiegend aus großen Unternehmen, sind davon überzeugt, dass viele Menschen es mit ihrer individuellen Sichtbarkeit übertreiben. Jedem fünften Teilnehmenden der Umfrage ist öffentliche Sichtbarkeit eher unangenehm. Dies gilt insbesondere für Teilzeit arbeitenden und für Community-Mitglieder mit weniger stark ausgeprägten Karriereambitionen.
„Ich beobachte, dass Kolleginnen, die Sichtbarkeit ablehnen, für mich von der Bildfläche verschwinden. Die Schnelllebigkeit und Einprägsamkeit der Darstellung in den sozialen Netzwerken beeindruckt und erschreckt mich zugleich. Ich habe inzwischen gelernt, Effekthascherei von Substanz zu unterscheiden und damit geht es mir gut.“
Für einige Teilnehmende ist der Zweck von Sichtbarkeit nicht die Karriereleiter, sondern eine Form der Anerkennung ihrer Arbeit:
„Es wäre toll, wenn die Sichtbarkeit nicht nur auf Frauen in Führungspositionen abzielt […]. Oft wollen Frauen, (die sich mehr Sichtbarkeit wünschen) nicht zwingend Führungskräfte werden, aber die Wertschätzung der Arbeit fehlt dennoch.“
Topic: Hard Facts und Challenges
Der Online-Auftritt in sozialen Netzwerken ist für Teilnehmer*innen durchaus relevant. Die physische Präsenz im Unternehmen vor Vorgesetzten aber noch viel mehr. Das digitale Zeitalter provoziert hier durchaus Challenges. Stichwort “Pandemie”: Sie bildet einen Faktor, der das Vorhaben einzelner erschwert hat, sichtbar zu bleiben.
„Die Corona-Zeit brachte so viel Mehrbelastung im Alltag mit sich, dass mir Kraft und Elan fehlen, mich um meine Sichtbarkeit zu kümmern.“
„Sichtbarkeit erhöht auch den Leistungsdruck. Remote ist es schwerer Präsenz zu zeigen bzw. in Meetings zu überzeugen, da man noch schwerer zu Wort kommt und auch optisch weniger sichtbar ist.“
41% finden neben ihren vielen Aufgaben im Job wenig Zeit, um aktiv an ihrer Sichtbarkeit und ihrem Personal Branding zu arbeiten.
„Die letzten Jahre stand für mich das Thema Familie im Vordergrund und ich gebe zu, dass ich neben meinem Vollzeitjob als Geschäftsführerin und meinen 3 Kindern […] einfach kaum mehr Energie hatte, um mich um meine Sichtbarkeit zu kümmern.“
Bei nur 9 % der Befragten macht das Kümmern um die eigene Sichtbarkeit einen großen Teil der Arbeitszeit aus. Hierzu zählen insbesondere die stark karriereambitionierten Respondent*innen und solche aus kleineren Unternehmen.
13 % der Teilnehmenden haben das Gefühl, dass das Kümmern um die eigene Sichtbarkeit zu Lasten anderer wichtiger Aufgaben geht. Nur 4 % der Respondent*innen (vorrangig mit Führungsverantwortung) haben ein Team um sich, dass sich um die individuelle Sichtbarkeit kümmert. Für 31 % der Befragten bleibt im Privatleben wenig Zeit, um aktiv an der öffentlichen Sichtbarkeit zu arbeiten. Dies trifft insbesondere für Teilzeitangestellte und Angestellte in großen Unternehmen zu. Erschwerend hinzu kommt die insgesamt steigende Aktivität und der damit einhergehende Druck, individuell herauszustechen.
„Für mich ist das Thema Sichtbarkeit ein Kumulationsproblem: Alle versuchen, sichtbarer zu werden, d.h. wenn alle aktiver werden, ist es schwieriger sich abzusetzen oder es geht viel in dem allgemeinen “Whooling” unter.“
Auch andere Teilnehmende nehmen eine „Sichtbarkeitselite“ wahr, in der sich sehr sichtbare Mitglieder „gegenseitig feiern“ und die weniger Sichtbaren „zuschauen und ggf. kommentieren“.
„Spannend wird es, sobald es in Richtung Konkurrenzdenken bei Sichtbarkeit geht. Also wenn taktische Maßnahmen (bewusstes Ausblenden oder Nicht-Nennen) von anderen wahrgenommen werden, die aus dem Zweck angewendet werden, die Sichtbarkeit Dritter zu senken. Das ist dann das Gegenteil von gegenseitigem Supporten – bewusstes Anti-Supporten.“
Konklusion
Sichtbarkeit ist für die Mehrheit der Teilnehmer*innen nicht nur ein wichtiges Mittel für einen Karriere-Boost, sondern auch eine Notwendigkeit, um überhaupt Karrierefortschritte machen zu können – zumindest für diejenigen, die Karriereambitionen haben. Frauen, die also nach einer erfolgreichen beruflichen Laufbahn streben, sind gleichzeitig auch interessiert daran, ihre eigene Sichtbarkeit verstärkt aufzubauen.
Die Sichtbarkeitsstudie hat für Überraschungen gesorgt. Vor allem die abschließenden Freifeldkommentare haben ein sehr heterogenes Meinungsbild zum Thema Sichtbarkeit offengelegt. Aus den Antworten wird deutlich, dass es einen Unterschied im Umgang mit Sichtbarkeit macht, ob eine Person als Gründer*in auftritt oder als Angestellte*r eines großen Konzerns:
„Ich finde es schwierig, Themen, die direkt meine Arbeit betreffen, sichtbar zu machen. Interna heißt das Stichwort.“
Es werden auch Folgefragestellungen aufgeworfen, beispielsweise:
„Gehört das in die vom Arbeitgeber bezahlte Arbeitszeit, an der eigenen persönlichen Marke zu arbeiten? Darüber habe ich nie nachgedacht. Für mich war das immer Freizeitvergnügen.“
Die Ansichten und Gefühle der Befragten sind generell sehr gemischt. Sichtbarkeit wird kritisch reflektiert:
„Sichtbarkeit bedeutet auch, Zielscheibe von hate und verbalen Angriffen und Kritik zu werden, man muss sich auch gut überlegen, ob man das verkraftet und die Stärke hat, der Öffentlichkeit Paroli zu bieten. Sichtbarkeit hat auch ihre Schattenseiten.“
Zusammenfassend ist Sichtbarkeit aus Sicht der Community ein relevantes und vielschichtiges Thema, bei dem jede Person ihren individuellen für sich passenden Umgang finden muss.
KEY FINDINGS UND AUSBLICK
Für die große Mehrheit der Teilnehmenden (88%) stellt Sichtbarkeit ein wichtiges Thema in der Arbeitswelt und Karriere-Booster dar.
57 % der Befragten sind der Meinung, dass Menschen, die nicht in ihre Sichtbarkeit investieren, keine Karrierefortschritte machen.
Für 28% der Befragten spielt Sichtbarkeit in den sozialen Medien eine besonders wichtige Rolle für die Karriere – für 51% ist die physische Präsenz / Sichtbarkeit besonders karriererelevant.
70% möchten sehr gern sichtbarer werden – insbesondere Menschen mit stark ausgeprägten Karriereambitionen.
Nur knapp die Hälfte der Respondent*innen arbeitet bislang aktiv daran, sichtbarer zu werden
Mehr als die Hälfte der Community-Mitglieder wünscht sich eine unterstützende Beratung, um die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen
Für 31 % der Befragten bleibt im Privatleben wenig Zeit, um aktiv an der öffentlichen Sichtbarkeit zu arbeiten
„Der Job kann morgen weg sein, gut gestaltete Sichtbarkeit nicht!“ – TIJEN ONARAN
Interessant wäre, ein Schlaglicht auf den Zusammenhang von Familie, Karriere und Sichtbarkeit bzw. Teilzeit und Sichtbarkeit zu werfen, die größtenteils arbeitende Mütter trifft. Auch wäre interessant zu untersuchen, inwiefern Sichtbarkeit diesen Menschen einfacher fallen würde, die zögern, Personal Branding zu betreiben, sofern sie durch andere – Stichworte “Allyship” und “Empowerment” – sichtbar gemacht würden. Und existiert auch der gegenteilige Fall von der Sichtbarmachung anderer “Reverse Visibility”, wie er von Respondent*innen angeführt wurde?
GLOBAL DIGITAL WOMEN
Unsere Mission lautet:
„Making the world more digital and diverse“.
Global Digital Women ist das führende Diversity-Unternehmen in Deutschland. Was als kleines Netzwerktreffen in Berlin 2017 angefangen hat, ist zu einem Unternehmen mit einer Community von über 50.000 Menschen aus der Digitalbranche geworden. Unsere Mission ist, die Welt diverser zu machen, die Gleichstellung der Geschlechter zu beschleunigen, den Anteil an Frauen in Führungsebenen und in Digitalberufen zu erhöhen und für eine gerechte Teilhabe aller in Wirtschaft und Gesellschaft einzutreten.
„Man muss nicht laut sein, um sichtbar zu sein.“ – TIJEN ONARAN
Dafür arbeiten wir stark Purpose-getrieben in einem sehr dynamischen Umfeld. Wir konzipieren Events und digitale Kampagnen zum Thema Female Empowerment, geben Expert*innen, Female Leaders, Women in Tech & IT eine Bühne und sorgen für ihre Sichtbarkeit, für ihre Reichweite und ein riesiges Netzwerk. Damit beschleunigen wir nachhaltig die Chancengleichheit auf allen unternehmerischen Ebenen und schärfen das Bewusstsein für Diversity, Equity und Inclusion.
CONTRIBUTORS
Tijen Onaran
Unternehmerin, Investorin, Bestseller-Autorin und Moderatorin (und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit und Digitalisierung geht)
Dr. Tanja Reimer
Dr. Werner Jackstädt-Zentrum für Unternehmertum und Mittelstand Flensburg
Lisa Streng
Ansprechpartnerin bei Global Digital Woman / Grafik und Text